Die totale Kontrolle
Abwehrkampf
Heute sind netzpolitisch 3 Dinge gleichzeitig passiert. Netzpolitik.org hat auf ein Video einer Wahlkampf-Veranstaltung von Frau von der Leyen hingewiesen. Wegen der doch recht harschen Reaktionen folgte sogleich ein Aufruf zur Mäßigung: "Argumentieren ist besser als Beschimpfen". Und zu alledem wurde auch bekannt, dass beim BMWi eine "Expertenrunde" zum Thema Bekämpfung der Internetpiraterie tagt. Worauf steuern wir eigentlich bei netzpolitischen Themen zu?
1. Zensursula im Wahlkampf?
Wer die Debatten um Internetsperren und Zensur verfolgt hat, kann nicht wirklich verwundert sein über das, was Frau von der Leyen in der o.g. Rede von sich gegeben hat. Das unterscheidet sich inhaltlich in Nichts von dem, was aus dem Familienministerium bisher verlautbart wurde. Unwahrscheinlich war auch die Annahme, die Familienministerin könne sich womöglich zwischenzeitlich bessere Sachkenntnisse angeeignet haben.
Was also ist der Aufreger? Warum nicht die Rede abheften als Wahlkampfgetöse? Nun, was trotz Wahlkampf befremdet ist ganz klar der Sprachduktus. Die scharfe Aussprache, die Lautstärke und die Art, wie hier ausschließlich Emotionen bedient werden - das macht den Mitschnitt der Rede zum Thema! "Demagogie" ist noch zu schwach - die Rede ist schlichtweg furchteinflössend!
Sind deswegen die Reaktionen so scharf?
2. Panzer rollen durch das Internet
In dem Aufruf zur Mäßigung, den Netzpolitik veröffentlicht hat, gewinnt man den Eindruck, es ginge hier nur darum, dass das Quantum an Forentrolls das erträgliche Maß überschritten habe. Die Dynamik der Situation und die dahinter stehende Problematik wird nur unzureichend erkannt.
Die offizielle Politik benimmt sich derart ignorant gegenüber der Lebenswelt der Nutzer und deren Erfahrungen im Internet, dass man - und nicht erst seit gestern oder heute - den Eindruck gewinnen muss, der Bundeswehreinsatz im Inneren sei längst gebilligt. Die Kritiker von Sperren und Zensur werden von Zensursula verbal niederkartätscht. Die Berliner Politik rollt in ihrer besinnungslosen Regelungswut wie ein Panzer durch das Internet. Was sollten denn wohl auf einen solchen Politikstil die angemessenen Reaktionen sein?
3. Wo wird gefochten
Die Widerstandsmetaphorik im Netz und deren aktuelle Verwendung ist tatsächlich signifikant. Es zeigt die Stimmung im Netz. Die Netzgemeinschaft befindet sich - in welchem Umfang nur gefühlt oder tatsächlich sei dahingestellt - im Abwehrkampf. Das erklärt die überhitzten Reaktionen. Und es bringt Probleme mit sich. Denn wie in einem wahren Gefecht droht der Überblick verloren zu gehen.
Kaum einer scheint Notiz davon genommen zu haben, dass heute Netzpolitik eben auch über Verhandlungen beim BMWi berichtet hat. In diesen Verhandlungen geht es, so das BMWi, darum, dass dem geistigen "Eigentum in der digitalen Welt zu wenig Schutz geboten werde." Deshalb verhandelt man unter der Leitung des BMWi über "mehr Kooperation bei der
Bekämpfung der Internetpiraterie". Und das bedeutet eben nach Ansicht der Verwertungsindustrie auch:
"Die Ansprache von potenziellen „Piraten“ solle nicht nur kollektiv sondern zunehmend individualisiert geschehen. (...) Man werde nicht ohne Sanktionen auskommen." Und natürlich: "Seitensperrungen von überwiegend illegalen Seiten."
Darüber wird aktuell beim BMWi verhandelt - dort findet das nächste Gefecht statt.
Update Jörg Rupp schreibt in seinem Blog:
Wer unentschlossen ist, ob er oder sie wählen soll, der sollte es nach diesem Vortrag nicht mehr sein. Diese Demagogen dürfen nicht weiter regieren. (...) Ihnen ist nichts heilig, gar nichts. Schickt sie heim. Sie haben keinen Tropfen Ehrgefühl im Leib und sind eine Gefahr für diese Demokratie. Wählt.
btw09 - 18. Aug, 21:42
Ich habe langsam die Nase voll
Ich bin es leid.
Nicht so schnell aufgeben
Um bei der Wortwahl dieses Post zu bleiben, wir müssen uns wohl auf einen sehr langen Stellungskrieg vorbereiten.
Wichtig ist nur: Wir müssen nicht die Politiker selbst überzeugen, sondern nur deren Wähler (naja zumindest einen Teil davon :-) ).
Bye
Frank
Volles Verständnis