Drei Streiche
Und Raus!
Heise berichtet dieser Tage von einer Expertenrunde zum Thema "Internetpiraterie". Interessanterweise spielt in diesem Bericht das Thema "Three Strikes" beziehungsweise eine entsprechend angepasste Variante der "Olivennes Vereinbarung" keine Rolle mehr - so will es jedenfalls Heise wissen:
"Ein Sanktionspaket nach dem "Three-Strikes"-Modell wird von den Juristen der Rechteinhaber zwar immer mal wieder auf den Tisch gebracht, stößt bei den Providern aber weiter auf Widerstand. Ohnehin ist die Diskussion längst weiter, sagen Vertreter beider Seiten."
Das ist zunächst einmal in sich widersprüchlich: Etwas wird immer wieder auf den Tisch gebracht und trotzdem soll die Diskussion längst weiter sein? Jetzt sollen wir wohl glauben, die Lobby der Rechteverwerter habe gelernt und möchte von Sanktionen gegen Privatkopien über das Internet nichts mehr wissen.
Verwunderlich ist auch folgende Bemerkung von Heise zu der Frage, ob sich ein "Three Strikes" Verfahren als Kundenschutzprogramm gegen juristische Abmahnungen durch die Verwertungsindustrie verkaufen ließe: Nein, denn
"die Provider betrachten ihre AGB als heilige Kuh, die sie nicht angetastet sehen wollen. "
Wie bitte? Die Provider wollen (angeblich) nicht für modifizierte "Three Strikes" Vereinbarungen zu Lasten aller Nutzer ihre AGB abändern und Heise nennt das: aus den AGB eine "heilige Kuh" machen. Mit gleichem Recht ließe sich formulieren, man solle aus dem Grundgesetz, wenn es um die Bekämpfung von Kinderpornographie gehe, keine heilige Kuh machen.
In anderer Hinsicht scheint "Three Strikes and Out" allerdings keine Chance mehr zu haben. Der Petitionsausschuß des Bundestags hat eine Petition abgelehnt. Die Petition nämlich, wonach Bundestagsabgeordnete eines Mandates dann nicht mehr würdig sein sollen, wenn sie dreimal für ein verfassungswidriges Gesetz gestimmt haben.
Das bringt uns zu der Frage, wieso eigentlich die dreimalige Verletzung von Urheberrechten im Zweifel höher bestraft wird, als der notorische Grundrechtsverstoß. Und der Grund kann nur sein: Die Rechte der Verwertungindustrie sind halt wichtiger als das Grundgesetz und deswegen müssen Urheberrechtsverstöße strenger bestraft werden, als der andauernde Anschlag auf das Grundgesetz . Logisch - oder nicht?
Versuchen wir das mal kreativ zu unterwandern. Die "Three Strikes" Petition für Bundestagsabgeordnete sollte umformuliert werden:
Petition 1: "Der Bundestag darf nur noch über das Internet abstimmen." Das ist als Petition einzubringen, weil es nur die Technik des Abstimmungsverfahrens betrifft. Und vergleichsweise unauffällig...
Petition 2: "Wer im Internet dreimal Maßnahmen gegen das Grundgesetz durchsetzt, verliert sein Mandat bzw. Sitz im Parlament und das passive Wahlrecht für diese und die nächste Legislaturperiode." Das ist auch als Petition einzubringen und könnte die Kontrollinstanzen passieren, weil es erstmal so klingt, als ginge es (wie immer) nur darum, etwas gegen das Internet zu tun.
Wobei natürlich auch dieser Petitions-Vorschlag nichts daran ändert, dass das Urheberrecht über dem Grundgesetz steht.
btw09 - 22. Aug, 22:03
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