Pyrrhus und die SPD
Eine Wahlempfehlung?
Wer erinnert sich noch an die von Testosteron geschwängerte Elefantenrunde zur Bundestagswahl 2005, in der Gerhard Schröder den Anspruch klar gemacht hat, dass eine Regierung ohne "seine" SPD nicht gebildet werden könne. Recht hat er gehabt, wenngleich anders, als sich Gerhard Schröder das damals wohl vorgestellt haben wird.
Nachträglich betrachtet ist man geneigt zu fragen, was es denn der SPD und dem Land gebracht hat, diese große Koalition. Für die SPD scheint die Antwort jedenfalls klar. Sie hat sich und ihr Personal in der Regierungsarbeit verschliessen und evident Mühe, wenn schon kein Programm so doch wenigstens respektable Personen vorzuzeigen, mit denen sich eventuell eine weitere Legislaturperiode in der Regierung bestreiten ließe.
Mittlerweile ist die SPD auch im Lichte der Meinungsumfragen anämisch genug, um schon gar keinen eigenen Führungsanspruch mehr zu formulieren. Es geht um die Verhinderung einer Koalition aus CDU und FDP. Das wird jetzt auch als Losung in den Medien hinterlassen und als Ergebnis der Landtagswahlen verkauft:
Die klare Botschaft des Tages ist aber: Schwarz-Gelb hat in unserem Land keine Mehrheit. Die marktradikale Politik, die weltweit in die Krise geführt hat, hat abgewirtschaftet.
Jetzt noch mal kurz den Denkapparat zugeschaltet. Die SPD erzählt uns, Schwarz-Gelb sei für die Bevölkerung keine Option. Und mit diesem Argument sollen wir uns bestärkt fühlen, die SPD wieder in eine große Koalition hineinzuwählen?
1. In den letzten Jahren war Schwarz-Gelb meines Wissens nach nicht die Farbe der Regierungskoalition auf Bundesebene, was also meint die SPD mit "marktradikale Politik (...) hat abgewirtschaftet". War die SPD etwa in der Opposition? Wenn, dann muss es wohl die innere Opposition gewesen sein...
2. Die SPD hat sich in den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung personell und programmatisch verschlissen. Eine weitere Legislaturperiode in einer großen Koalition wäre der ultimative Pyrrhussieg der SPD. Zur Bundestagswahl 2013 kann die SPD dann als Splitterpartei antreten.
3. Netzpolitisch betrachtet gibt es zunächst einmal keinen Grund anzunehmen, Schwarz-Gelb sei schlechter als Schwarz-Rot. Wer nicht auf eine netzpolitische Sonthofen-Strategie setzt, kann einer Fortsetzung der großen Koalition nichts abgewinnen.
4. Letztlich aber ist im Ergebnis der Landtagswahlen die Aussage der SPD auch inkonsistent. Schwarz-Gelb hat im Zweifel in Thüringen und im Saarland keine Mehrheit, weil dort Linke und Grüne stark sind. Die Wahlergebnisse der SPD lauten:
Saarland 24,5 %
Thüringen 18,5 %
Sachsen 10,4 %
Die Behauptung der SPD, Schwarz-Gelb habe im Land keine Mehrheit, stimmt deshalb nur insoweit, als Linke und Grüne stark genug waren, Schwarz-Gelb zu verhindern.
Boshaft formuliert: die jetzige Wahlkampfstrategie der SPD läuft darauf hinaus, dass bitte möglichst viele Wähler der Grünen und der Linken der SPD dazu verhelfen sollen, noch einmal einen Pyrrhussieg zu erringen, mit dem sich die SPD in eine erneute große Koalition "retten" kann.
Dazu kann man nur sagen: Hilfe!
btw09 - 1. Sep, 00:10
Trackback URL:
https://btw09.twoday.net/stories/pyrrhus-und-die-spd/modTrackback