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Sonntag, 30. August 2009

Blick ins Wasserglas

Verschenkte Stimmen?

Am heutigen Tage war Landtagswahl im Saarland, in Sachsen sowie in Thüringen. Parallel fanden Kommunalwahlen in NRW statt. In Sachsen - wahrscheinlich nicht gerade eine Piratenhochburg - kamen die Piraten nach dem jetzigen Stand der Zwischenzählung auf respektable 1,9 %. In Aachen und Münster scheinen die Piraten ein Stadtratsmandat gewonnen zu haben.

Nun, eine umwälzender Wahlerfolg sieht so vielleicht nicht unbedingt aus. Aber es wird wohl auch bei den Piraten niemand angenommen haben, es ließen sich Online-Abstimmungen oder die Anzahl der Unterstützer unbesehen auf echte Wahlergebnisse übertragen.

Auf eine Umfrage hier schätzten die meisten das potentielle Wahlergebnis der Piratenpartei bei der Bundestagswahl auf zwischen 3 und 4 %. Ein Ergebnis oberhalb von 2 % bei der Bundestagswahl wäre aber wohl schon ein Riesenerfolg für die Piraten.

Lummaland meldet daher bereits jetzt einen "Sturm im Wasserglas" - und hält den ganzen Ansatz der Piratenpartei für verfehlt:

"Eine Single-Issue Partei ist witzlos, wenn das Thema nicht vermittelbar ist. Ich glaube, daß die Piratenpartei aufgrund der Tatsache, daß sie als eigene Partei zu Wahlen antritt, jede Menge Potential zur Veränderung der Netzpolitik in Deutschland verschenkt. Ein Ansatz wie “Piraten in der SPD” hätte gewählt werden sollen, um die etablierten Parteien mit neuen Ideen zu versorgen und Leute zu finden, die diese Themen übersetzen können für die breite Masse der Bevölkerung, weil, lacht nicht, sie das Vertrauen der Menschen haben. (...)

Das Verbreitern der Nische gelingt der Piratenpartei nicht, weil sie das Wasserglas, in dem sie gerade den Sturm entfachen wollen, als Weltmeer ansehen. Ihr großes Thema ist der Masse der Bevölkerung nicht vermittelbar und bei einer Bundestagswahl gibt es für viele Wähler noch andere Themen, die viel offliniger, aber dafür umso lebensnäher sind."

Ist also der ganze Ansatz einer Partei "nur" für netzpolitische Themen verfehlt, weil sie (möglicherweise) den Einzug in den Bundestag nicht wird schaffen können?

Dazu sei hier folgendes erwidert:

1. Natürlich schwimmt die Piratenpartei momentan in einer Web 2.0 Blase und versucht gleichzeitig (mit begrenzten finanziellen Mitteln) einen normalen Straßenwahlkampf zu organisieren. Der Eindruck muss sich deshalb aufdrängen, dass die Piratenpartei noch keinen Weg gefunden hat, die klassischen Web 1.0 Nutzer zu erreichen. Allerdings ist dies eine reine Frage der Wahlkampfmittel und deshalb eher ein technisches als ein grundsätzliches Problem.

2. Im Wahlkampf dürfte sich insbesondere für kleinere Parteien weniger die Frage stellen, mit wieviel "Issues" im Bauchladen man an den Wähler herantritt, als vielmehr die Frage, welche "Issues" man braucht um den Wähler zur Wahl zu mobilisieren. Es sei daran erinnert, dass die SPD trotz vieler "Issues" schon Wahlkämpfe erfolgreich mit wenig mehr als einem Kanzler, einem Hochwasser und dem Nein zum Irakkrieg bestritten hat. Und in 2005 genügte sogar noch weniger: da musste es mit einem Kanzler und "dem Professor aus Heidelberg" reichen. Die Anzahl an Themen ist deshalb nicht unbedingt wahlentscheidend.

3. Greenpeace verfolgt in der Öffentlichkeitsarbeit den Ansatz, jeden zum Zeugen des Umweltproblems zu machen und sei es auch, in dem man tote Fische vor das Brandenburger Tor schafft. Natürlich hat hier die Piratenpartei ein Problem. Ein zensiertes Internet läßt sich nicht wie tote Fische ausstellen. Und staatliche Überwachung und Kontrolle, wie zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung, läßt sich nicht ohne Weiteres visualisieren. Hier ist Kreativität gefragt. Ein simulierter "Nacktscanner" auf dem Marktplatz taugt sicher schon, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Und eine scheinbare Observationskamera vor öffentlichen Bedürfnisanstalten, könnte durchaus Druck erzeugen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wie wäre es mit dem Einsatz von Uniformierten zum Thema Einsatz der Bundeswehr im Inneren? Auch hier möglicherweise also eher ein Problem des kreativen Ansatzes als ein fundamentales Problem.

4. Es bleibt die prinzipielle Frage, ob es effektiver wäre, innerhalb der herkömmlichen Parteien zu arbeiten. Und hier gibt es klare Aussagen, die keines tiefsinnigen Blicks ins Wasserglas bedürfen:

a) Jede Stimme für CDU oder SPD ist netzpolitisch betrachtet eine vergeudete Stimme. Die SPD wollte sich ja auf dem letzten Parteitag ja nicht einmal mit der Frage der Internetsperren beschäftigen. Die SPD hat sogar die Bedenken ihres eigenen Online-Beirats ignoriert. Man kann gar nicht so viele Drogen nehmen, um auch nur davon zu halluzinieren, dass die CDU oder SPD netzpolitisch zur Vernunft kämen. Jedenfalls nicht innerhalb der überschaubaren Zukunft.

b) Wenn sich das Stimmenpotential der Piraten auf alle andere Parteien gleichmäßig aufspalten würde, ginge es bei jeder Partei um ein so geringes Wählerpotential, dass es sich für keine Partei lohnen würde, dieses Thema zu Lasten anderer Themen zu besetzen. Der beste Kronzeuge hierfür ist der oberste Kinderschutz-Laie der Grünen, Mathias Güldner. Denn in seiner Stellungnahme kam klar die Befürchtung zum Ausdruck, dass die Grünen bei Thema Kinderschutz mehr Stimmen zu verlieren hätten, als sich beim Einsatz für eine liberale Netzpolitik gewinnen ließe. Es ist also ein Vorteil, wenn sich Stimmen aggregieren und ein Wählerpotential für Netzpolitik deutlich machen, dass ansonsten bei den etablierten Parteien unterzugehen droht.

c) Naiv ist, wer meint, nur mit einem Mandat im Bundestag ließe sich Politik machen. Ketzerisch sei gefragt, ob die Piraten nicht mit 4,9 % Wahlergebnis außerhalb des Bundestages mehr und bessere Politik machen könnten, als wenn sie mit 5,1 % in Fraktionsstärke (und mit allen damit behafteten organisatorischen Problemen) in den Bundestag einziehen würden. Jedenfalls ist "Politik" mehr und deutlich mehr als nur das, was sich im Bundestag vollzieht.

Wenn wir also einen "Blick ins Wasserglas" und Vorhersagen wagen, dann kann man gegen Lummaland behaupten, dass nur Stimmen an CDU und SPD netzpolitisch betrachtet wirklich vergeudete Stimmen sind.


Donnerstag, 27. August 2009

Null Sachverstand

Pure Demagogie

Unter dem Titel "Wenig Sachverstand - Der Kampf gegen Kinderpornographie im Netz" berichtet über ZAPP über den Kampf der Frau von der Leyen gegen Kinderpornographie - den Wahlkampf wohlgemerkt - denn mehr veranstaltet #zensursula hier nicht.

Hier ein kurzer Kommentar - verbunden mit Dank an die Redaktion von ZAPP!

Schon die Einleitungsfrage ist gelungen: "Wo ist eigentlich dieses sagenumwobene Stopp-Schild?"

Der Witz des Vorgehens von Frau von der Leyen ist ja, dass man nie einen Erfolg wird sehen können, da ja praktisch nur (relativ) wenige Seiten betroffen sind. Und wer tatsächlich auf ein Stopp-Schild trifft, wird wohl gut daran tun, dies nicht öffentlich kund zu tun. So könnte das Vorhaben zu einem großen Misserfolg werden, ohne dass die Öffentlichkeit dies je nachvollziehen kann. Boshaft gesprochen: ein von vorneherein nutzloses Vorhaben, welches sich aber im Halbdunkel vollzieht, ist gegen jede öffentliche Kritik und Erfolgskontrolle immunisiert.

"Frau von der Leyen wirbt ungebremst für STOPP und für sich. Ursula von der Leyen weiß, wie sie wirken möchte, vor allem im Wahlkampf."

Der Satz allein sollte eigentlich allen wirklichen Kinderschutzverbänden und auch den Kinderschutz-Laien bei den Grünen zu denken geben. Wer ist eigentlich so weltfremd anzunehmen, dass sich Frau von der Leyen nicht von allen möglichen Maßnahmen zum Kinderschutz gerade diejenige herauspickt, die die Politik den wenigstens Umsetzungsaufwand kostet, gleichzeitig aber den besten Wahlkampferfolg verspricht. Und wer würde annehmen, dass sich ein Politikertyp wie von der Leyen mit wirklich schwierigen Sachthemen befasst?

"Viel Energie hat die (...) [von der Leyen] in die PR für das Gesetz gesteckt. Weniger jedoch in die Umsetzung."

Nun, natürlich kümmert sich Frau von der Leyen wenig um die Umsetzung - wie sollte sie etwa auch davon Ahnung haben. Und die verfassungsrechtlichen Fragen wurde ohnehin im Laufe des gesamten Gesetzgebungsverfahrens ignoriert.

Da wirkt dann der Kommentar von Süme etwas hilflos: "Das schlechte Gesetz für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen, halte ich für bedenklich."

"Und so feiert sich (...) [von der Leyen] weiter für einen Erfolg, der gar keiner ist."

Tja, das ist die hohe Kunst der Politik nach von der Leyen: Nichts tun, schon gar nichts was wirklich helfen würde, und das dann auch noch als den unglaublichen Erfolg verkaufen.

"Fragen dazu möchte Frau von der Leyen vor der Kamera nicht beantworten."

Das ist nun keine Überraschung: Der Umfang der Affinität zur Presse scheint sich bei von der Leyen im proportionalen Verhältnis zur Willfährigkeit der Fragesteller seitens der Presse zu verhalten - siehe Spiegel TV.

Hier der Beitrag von ZAPP auf Youtube:

Mittwoch, 26. August 2009

Politik versus Digital Inhabitants

Verdrängung, Trivialisierung, Abwertung?

Auf dem Bildungskongress 2009 hat Peter Kruse einen interessanten Vortrag mit dem Titel "Kollektive Intelligenz – Was Bildungsexperten von der Kapuzenshirt-Generation lernen können" gehalten. Auch wenn das Thema dort mit Schwerpunkt auf schulische und universitäre (Aus-) Bildung verhandelt wurde, lohnt sich die Parallelisierung im Sinne der Fragestellung: Was kann die Politik von Digital Inhabitants lernen, beziehungsweise wie zeichnet sich der Umgang der Politik mit dem Netz aus. Die These ist hier also, dass sich die dortigen Erkenntnisse übertragen lassen.

1. Probleme der Vernetzung

a) Zunahme der "Vernetzungsdichte"
Als Ausgangslage konstatiert Peter Kruse eine Zunahme der Vernetzungsdichte durch neue Informations- und Kommunikationsnetze, Kulturaustausch über Reisen und Medien und natürlich weltweiten Austausch von Waren- und Dienstleistungen. Zwangsläufige Folge ist die Erhöhung der Komplexität der Umwelt und eine erhöhte Umfelddynamik.

b) Macht wechselt vom Anbieter zum Nachfrager
Mit der Vernetzung werden Menschen potentiell informierter und einflussreicher. Die Digital Inhabitants können als Katalysatoren für (mehr) E-Democracy dienen. Peter Kruse zitiert hier CARTA: "Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass das Internet die Mechanik der politischen Öffentlichkeit für immer verändert hat, dann wäre es (...) [das] Video von Ursula von der Leyens Auftritt vor CDU-Anhängern am 17. August in Sulzbach an der Saar" (dazu auch der Beitrag zu Zensursula und Social Media).

c) Das Bedürfnis das Netz zu regulieren wächst
Es ist nicht zu übersehen, dass in den klassischen Medien und insbesondere auch in den Verlautbarungen der Politik, das Internet ein einziger Sündenpfuhl ist: eine Schatten- und Halbwelt, in der sich das schlechthin Böse bisher ungehindert verbreitet; deshalb - so die Perzeption der Berliner Politik - ist dringendes Handeln notwendig und das bedeutet natürlich Verbieten, Kontrollieren, Überwachen, Sperren und Bestrafen. CARTA stellt auch hierzu die passende Frage: "Wie lange wird das Netz noch neutral sein?"

2. Strategien der Problembewältigung

Zur Bewältigung von Situationen hoher Komplexität und Dynamik stehen verschiedene Handlungsmuster und -optionen zur Verfügung: (i) Ausprobieren (trial and error), (ii) Ausblenden/Verdrängen, (iii) Analytisches Verstehen, (iv) Künstliche Vereinfachung (trivialisieren) und (v) Emotionale Bewertung (Intuition).

Als paradigmatisches Beispiel für eine künstliche Vereinfachung und Trivialisierung darf diese Äußerung von Frau von der Leyen gelten: "Wir schließen die Datenautobahn der Kinderpornographie." Natürlich tut Frau von der Leyen viel, vor allem in der Presse, aber mit einer effektiven Bekämpfung von Kinderpornographie im Netz hat das natürlich nichts zu tun.

Und was solle es bitte bedeuten, wenn ein Gesetz von vorne herein eine Befristung erhält, weil der Gesetzgeber "Neuland betritt" als das klammheimliche Eingeständnis, hier eine gesetzgeberische Strategie des "Ausprobieren" zu verfolgen.

3. Lösungsansätze im Umgang mit Komplexität

a) Problemlösungskomplexität
Eine geeignete Strategie im Umgang mit Umweltkomplexität ist die Nutzung der kollektiven Intelligenz des Netzes. Umweltkomplexität soll durch den Aufbau eigener Problemlösungskapazität und -komplexität aufgefangen werden, so führt Kruse im Anschluss an William Ross Ashby aus. Wenn die Wirkung einer Entscheidung weitergehend ist, als die je individuellen Fähigkeiten Komplexität zu analysieren, bedarf es Methoden der Formierung einer überindividuellen, kollektiven Intelligenz.

Bereits an dieser Stelle dürfte dann eine Neubewertung der Rolle und des Selbstverständnisses der offiziellen Politik notwendig sein, insofern diese nicht mehr allein und aus eigener Sachkompetenz heraus, die zentrale Instanz für die Schaffung gesellschaftlicher Regelungen darstellen kann (oder jedenfalls nur um den Preis enstprechender Friktionen).

b) Kollektive Intuitionen
Es bleibe, so führt Kruse weiter aus, die Frage, wie man qualitative Netzwerke erreiche. Lernprozesse zeichnen sich bestenfalls dadurch aus, dass an deren Ende (emotionale) Bedeutungen und Bewertungen entstehen, die als nicht-triviale "Intuitionen" durchaus helfen, komplexe Probleme zu bearbeiten. Insofern als das Netz sich insgesamt nicht durch Reglementierungen zentral steuern läßt, wären also kollektive Intuitionen oder ein kulturelles Wertemuster im Umgang mit dem Netz zu schaffen.

Das geht natürlich nicht, ohne Diejenigen ernsthaft zu beteiligen, die tatsächlich Digital Inhabitants sind. Momentan wird ja Netzpolitik nur von denjenigen gestaltet, die zu Recht als "Offliner" zu bezeichnen sind.


Soweit die Widergabe der Thesen von Peter Kruse - übertragen auf das Thema Politik versus Digital Inhabitants. Es bleibt das Problem, dass hier eine Dialogfähigkeit der Politik vorausgesetzt wird, an der man jedoch zweifeln darf. Wie man an dem Umgang von Frau von der Leyen mit netzpolitischen Themen sehen kann, fühlt sich die Politik mit Strategien der Verdrängung, Trivialisierung und der pauschalen Abwertung scheinbar ausreichend gewappnet für die aktuellen netzpolitischen Herausforderungen.

Samstag, 22. August 2009

Drei Streiche

Und Raus!

Heise berichtet dieser Tage von einer Expertenrunde zum Thema "Internetpiraterie". Interessanterweise spielt in diesem Bericht das Thema "Three Strikes" beziehungsweise eine entsprechend angepasste Variante der "Olivennes Vereinbarung" keine Rolle mehr - so will es jedenfalls Heise wissen:

"Ein Sanktionspaket nach dem "Three-Strikes"-Modell wird von den Juristen der Rechteinhaber zwar immer mal wieder auf den Tisch gebracht, stößt bei den Providern aber weiter auf Widerstand. Ohnehin ist die Diskussion längst weiter, sagen Vertreter beider Seiten."

Das ist zunächst einmal in sich widersprüchlich: Etwas wird immer wieder auf den Tisch gebracht und trotzdem soll die Diskussion längst weiter sein? Jetzt sollen wir wohl glauben, die Lobby der Rechteverwerter habe gelernt und möchte von Sanktionen gegen Privatkopien über das Internet nichts mehr wissen.

Verwunderlich ist auch folgende Bemerkung von Heise zu der Frage, ob sich ein "Three Strikes" Verfahren als Kundenschutzprogramm gegen juristische Abmahnungen durch die Verwertungsindustrie verkaufen ließe: Nein, denn

"die Provider betrachten ihre AGB als heilige Kuh, die sie nicht angetastet sehen wollen. "

Wie bitte? Die Provider wollen (angeblich) nicht für modifizierte "Three Strikes" Vereinbarungen zu Lasten aller Nutzer ihre AGB abändern und Heise nennt das: aus den AGB eine "heilige Kuh" machen. Mit gleichem Recht ließe sich formulieren, man solle aus dem Grundgesetz, wenn es um die Bekämpfung von Kinderpornographie gehe, keine heilige Kuh machen.

In anderer Hinsicht scheint "Three Strikes and Out" allerdings keine Chance mehr zu haben. Der Petitionsausschuß des Bundestags hat eine Petition abgelehnt. Die Petition nämlich, wonach Bundestagsabgeordnete eines Mandates dann nicht mehr würdig sein sollen, wenn sie dreimal für ein verfassungswidriges Gesetz gestimmt haben.

Das bringt uns zu der Frage, wieso eigentlich die dreimalige Verletzung von Urheberrechten im Zweifel höher bestraft wird, als der notorische Grundrechtsverstoß. Und der Grund kann nur sein: Die Rechte der Verwertungindustrie sind halt wichtiger als das Grundgesetz und deswegen müssen Urheberrechtsverstöße strenger bestraft werden, als der andauernde Anschlag auf das Grundgesetz . Logisch - oder nicht?

Versuchen wir das mal kreativ zu unterwandern. Die "Three Strikes" Petition für Bundestagsabgeordnete sollte umformuliert werden:

Petition 1: "Der Bundestag darf nur noch über das Internet abstimmen." Das ist als Petition einzubringen, weil es nur die Technik des Abstimmungsverfahrens betrifft. Und vergleichsweise unauffällig...

Petition 2: "Wer im Internet dreimal Maßnahmen gegen das Grundgesetz durchsetzt, verliert sein Mandat bzw. Sitz im Parlament und das passive Wahlrecht für diese und die nächste Legislaturperiode." Das ist auch als Petition einzubringen und könnte die Kontrollinstanzen passieren, weil es erstmal so klingt, als ginge es (wie immer) nur darum, etwas gegen das Internet zu tun.

Wobei natürlich auch dieser Petitions-Vorschlag nichts daran ändert, dass das Urheberrecht über dem Grundgesetz steht.

Dienstag, 18. August 2009

Die totale Kontrolle

Abwehrkampf

Heute sind netzpolitisch 3 Dinge gleichzeitig passiert. Netzpolitik.org hat auf ein Video einer Wahlkampf-Veranstaltung von Frau von der Leyen hingewiesen. Wegen der doch recht harschen Reaktionen folgte sogleich ein Aufruf zur Mäßigung: "Argumentieren ist besser als Beschimpfen". Und zu alledem wurde auch bekannt, dass beim BMWi eine "Expertenrunde" zum Thema Bekämpfung der Internetpiraterie tagt. Worauf steuern wir eigentlich bei netzpolitischen Themen zu?

1. Zensursula im Wahlkampf?

Wer die Debatten um Internetsperren und Zensur verfolgt hat, kann nicht wirklich verwundert sein über das, was Frau von der Leyen in der o.g. Rede von sich gegeben hat. Das unterscheidet sich inhaltlich in Nichts von dem, was aus dem Familienministerium bisher verlautbart wurde. Unwahrscheinlich war auch die Annahme, die Familienministerin könne sich womöglich zwischenzeitlich bessere Sachkenntnisse angeeignet haben.

Was also ist der Aufreger? Warum nicht die Rede abheften als Wahlkampfgetöse? Nun, was trotz Wahlkampf befremdet ist ganz klar der Sprachduktus. Die scharfe Aussprache, die Lautstärke und die Art, wie hier ausschließlich Emotionen bedient werden - das macht den Mitschnitt der Rede zum Thema! "Demagogie" ist noch zu schwach - die Rede ist schlichtweg furchteinflössend!

Sind deswegen die Reaktionen so scharf?

2. Panzer rollen durch das Internet

In dem Aufruf zur Mäßigung, den Netzpolitik veröffentlicht hat, gewinnt man den Eindruck, es ginge hier nur darum, dass das Quantum an Forentrolls das erträgliche Maß überschritten habe. Die Dynamik der Situation und die dahinter stehende Problematik wird nur unzureichend erkannt.

Die offizielle Politik benimmt sich derart ignorant gegenüber der Lebenswelt der Nutzer und deren Erfahrungen im Internet, dass man - und nicht erst seit gestern oder heute - den Eindruck gewinnen muss, der Bundeswehreinsatz im Inneren sei längst gebilligt. Die Kritiker von Sperren und Zensur werden von Zensursula verbal niederkartätscht. Die Berliner Politik rollt in ihrer besinnungslosen Regelungswut wie ein Panzer durch das Internet. Was sollten denn wohl auf einen solchen Politikstil die angemessenen Reaktionen sein?

3. Wo wird gefochten

Die Widerstandsmetaphorik im Netz und deren aktuelle Verwendung ist tatsächlich signifikant. Es zeigt die Stimmung im Netz. Die Netzgemeinschaft befindet sich - in welchem Umfang nur gefühlt oder tatsächlich sei dahingestellt - im Abwehrkampf. Das erklärt die überhitzten Reaktionen. Und es bringt Probleme mit sich. Denn wie in einem wahren Gefecht droht der Überblick verloren zu gehen.

Kaum einer scheint Notiz davon genommen zu haben, dass heute Netzpolitik eben auch über Verhandlungen beim BMWi berichtet hat. In diesen Verhandlungen geht es, so das BMWi, darum, dass dem geistigen "Eigentum in der digitalen Welt zu wenig Schutz geboten werde." Deshalb verhandelt man unter der Leitung des BMWi über "mehr Kooperation bei der
Bekämpfung der Internetpiraterie". Und das bedeutet eben nach Ansicht der Verwertungsindustrie auch:

"Die Ansprache von potenziellen „Piraten“ solle nicht nur kollektiv sondern zunehmend individualisiert geschehen. (...) Man werde nicht ohne Sanktionen auskommen." Und natürlich: "Seitensperrungen von überwiegend illegalen Seiten."

Darüber wird aktuell beim BMWi verhandelt - dort findet das nächste Gefecht statt.

Update Jörg Rupp schreibt in seinem Blog:

Wer unentschlossen ist, ob er oder sie wählen soll, der sollte es nach diesem Vortrag nicht mehr sein. Diese Demagogen dürfen nicht weiter regieren. (...) Ihnen ist nichts heilig, gar nichts. Schickt sie heim. Sie haben keinen Tropfen Ehrgefühl im Leib und sind eine Gefahr für diese Demokratie. Wählt.

Sonntag, 16. August 2009

Der Widerstreit

Das Andere der Vernunft im Netz

Mit einem Kommentar unter der Überschrift "Freiheit der Mörder" setzt sich Hans-Ulrich Jörges im Stern vehement für die Zensur rechtsextremer Internet-Seiten ein. Jörges reagiert damit auf eine Veröffentlichung von jugendschutz.net, wonach Rechtsextreme im vergangenen Jahr ihre Aktivitäten im Internet verstärkt hätten. Wie die gesamte Folgeberichterstattung übersieht auch Jörges dabei ein wesentliches Faktum - anders als das BKA arbeitet jugendschutz.net nämlich effizient in der Bekämpfung dieser Seiten:

"Insgesamt konnte jugendschutz.net im vergangenen Jahr in 80 Prozent der unzulässigen Fälle die Entfernung der Inhalte erreichen."
Man könnte es also dabei bewenden lassen, den Kommentar unter die Rubrik "Weitere populistische Vorschläge von netzpolitischen Ignoraten" einzusortieren. Schließlich sagt Jörges ja nichts Anderes als der bayerische Innenminister auch. Trotzdem sei hier etwas grundsätzlicher Stellung genommen.

1. Neonazi-Seiten - was ist illegal

Auch wenn die Überschrift des Kommentars von Jörges es anders suggeriert - inhaltlich geht es bei dessen Intervention nicht um konkrete Mordaufrufe (das wäre wohl in jedem Land der Welt strafbar), sondern um den üblichen Neonazi-Müll (Holocaust-Leugnung, Antisemitismus). So unerwünscht diese rechtsextremen Inhalte sind, sofern die Webseiten im Ausland betrieben werden (und in englischer Sprache), ist dies nach deutschem Recht legal. Das deutsche Recht ist nun einmal auf ausländische Webseiten nicht anwendbar. Und bei Inlandssachverhalten braucht es keine Sperren, da hier die Erfolgsquote bei der Löschung solcher Seiten bei 100% liegen dürfte.

Die erschütternde Wahrheit ist also: deutsches Recht gilt grundsätzlich nur in Deutschland und nicht für den Rest der Welt. Die von Jörges gewünschten Sperren beziehen sich demnach (überwiegend) nicht auf illegale Sachverhalte.

Außerdem: Es ist nicht strafbar, sich rechtsextreme Webseiten anzuschauen. Internetnutzer haben das Recht (!), sich diese Seiten anzuschauen. Die eigentliche Frage ist also keine juristische Frage. Im Kern geht es darum, ob wir uns in Deutschland auf ausländischen Webseiten über die politischen Ansichten von Neonazis informieren dürfen.

2. Das überlegene politische Wissen

Für eine Beurteilung der (Neo-) Nazi-Ideologie ist die Tatsache vollkommen ausreichend, dass im Dritten Reich 6 Millionen Juden umgebracht wurden. Die Gesamtzahl der Opfer im Zweiten Weltkrieg betrug ca. 55 Millionen. Damit ist mehr als ausreichend geklärt, was von dieser Ideologie zu halten ist. Wenn es aber darum geht, Inhalte und Meinungen mit repressiven Mitteln von argumentativen Auseinandersetzungen auszuschließen, ist Skepsis angebracht.

Wer politische Ansichten (seien sie auch noch so falsch und verabscheuungswürdig) mit repressiven Mitteln in der politischen Diskussion ausschalten will, der müßte einen jeglichem Zweifel enthobenen, überlegenen Standpunkt des objektiv richtigen politischen Wissens einnehmen.

Wovon aber sollte dieser quasi extramundane Standpunkt abgeleitet werden?

a. Seit Nietzsche und Freud kann man wissen, dass das ach so aufgeklärte Subjekt, sich in seinem konkreten Handeln durch psychologische Motivationen leiten läßt. Für den Nazismus und dessen psychologische Struktur lese man zum Beispiel Erich Fromm, "Die Furcht vor der Freiheit".

Jetzt läßt sich nun allerdings schlechthin jeder Mensch auf die "Couch legen" und hinsichtlich seiner unbewußten Motivationsstruktur hinterfragen. Für Politiker im Allgemeinen siehe etwa: Wolfgang Schmidbauer, "Ist Macht heilbar". Aufschlussreich wäre zum Beispiel auch eine Analyse der Sicherheitsparanoia von Wolfgang Schäuble im Hinblick auf dessen eigene traumatische Attentatserfahrung.

Wer also, so lautet die Frage, ist in der Lage, die eigenen Motivationen und psychischen Strukturen zu überwinden und der klassischen Trias falschen Bewußtseins - Lüge, Irrtum, Ideologie - zu entgehen?

b. In der "Dialektik der Aufklärung" beschreiben Adorno/Horkheimer wie die aufgeklärte Vernunft sich in ihrer zweckrationalen Logik selbst Zwang und Gewalt antut. Die instrumentelle Vernunft benutzt ihr erkenntnistheorethisches Begriffsinstrumentarium, um Sachverhalte in der Welt begreifbar und damit beherrschbar zu machen. Das Irrationale, das, was letzlich inkommensurabel ist, muss dieser Herrschaftsvernunft fremd und unverständlich bleiben.

Jean-Francois Lyotard hat in "Das postmoderne Wissen" die Folgen dieser negativen Dialektik der Aufklärung dahingehend zugespitzt, dass die großen Erzählungen der Moderne selbst delegitimiert werden. Die großen Versprechungen der Aufklärung und der Moderne im Bezug auf die Emanzipation und Selbstbestimmung des Subjekts werden mindestens fragil, wenn nicht obsolet.

Auf einer weniger hohen Abstraktionsstufe ist also zu fragen, ob die unerwünschten Folgen politischer Repression nicht deren positiven Effekt überwiegen können. Wird durch die Unterdrückung einer politischen Meinung nicht erst eine Propaganda des "Freiheitskämpfers" möglich? Schaffen Netzsperren nicht auch eine Aura des subversiv-elitären mit einer besonderen Anziehungskraft für Jugendliche? Und erwecken Stopp-Schilder im Netz nicht den Eindruck, der Staat beherrsche mit administrativen Mitteln deviantes Verhalten - während es sich hinter den Stopp-Schildern nur umso ungehemmter vollzieht?

c. Wer sich mit Vernunftkritik befasst, wird bei dem Vorgenannten nicht stehenbleiben können. Das, was wir "Wissen" nennen, ist selbst eine zu hinterfragende Größe geworden. Wissen, also selbst das sogenannte "empirische Wissen" der wissenschaftlichen Erbsenzähler, ist letztlich nichts anderes als ein partikulares "Sprachspiel". Eine Prävalenz des einen Sprachspiels gegenüber anders gearteten Sprachspielen gibt es jedoch ebensowenig, wie ein sinnkonstitutives Subjekt, das allen Sprachspielen vorgängig, dem sprachlichen Zeichen erst seinen Sinn verleiht.

Anders formuliert: Wir werden damit leben müssen, dass sich Diskurse unbeinflusst voneinander in verschiedenen Sprachwelten fortsetzen, ohne dass es einen Metadiskurs gibt, der letztgültig die Wahrheit und Legitimität des einen Diskurses gegenüber einem anderen Diskurs verbürgen könnte - das ist der Widerstreit.

3. Deliberative Demokratie

Wer nun weder die abendländische Vernunft im Ganzen über Bord werfen möchte, noch aber auch die Ergebnisse der Vernunftkritik ignorieren will, sieht sich in einem Dilemma (das hier natürlich nicht vollständig aufgelöst werden kann). Wie ist sinnvollerweise mit dem Anderen der Vernunft - also hier auf den äußersten Fall zugespitzt: Neonazi-Webseiten - umzugehen? Denn es ist doch auch gewiss, dass nicht jeder irrationale Trieb legitimerweise befriedigt werden dürfte. Und nicht jeder Diskurs ist es wirklich wert, dass er fortgesetzt würde.

Es bleibt die schwache Hoffnung, die Teilhabe am (politischen) Diskurs selbst könne Reste von Legitmität und Rationalität gewährleisten. Wie aber differenzieren, wer am Diskurs teilhaben darf?

Eine radikalisierte Skepsis in eigenen Angelegenheiten bedeutet in der politischen Auseinandersetzung: Wer, wie es Neonazis tun, die Voraussetzungen demokratischer Partizipation aller an einer Entscheidung leugnet (und hier sogar deren Existenzrecht), hat selbst keinen Anspruch darauf, an dem Diskurs teilzunehmen. Aber es mag trotzdem vernünftig sein, den öffentlichen Raum der Debatte auch für Neonazis nicht über Gebühr zu beschränken.

Wieder anders formuliert: eine Debatte darüber, ob ein öffentlicher Aufruf von Georg Elser zum Mord an Adolf Hitler nach Ansicht von Neonazis hätte zensiert werden sollen, würde sicherlich interessant sein. Und im Vergleich dazu würde es gewiss auch nicht frei von Interesse sein, ob Neonazis ihrer Meinung nach zurecht wegen § 130 StGB verfolgt werden.

Wer sich dieser Skepsis verschließt und für sich gesicherte (politische) Erkenntnisse reklamieren möchte, "marschiert als Verarmter im Geiste in die Hölle, die sein Himmelreich ist."

[Update: Reine Koinzidenz: Den partizipatorischen Ansatz einer Teilhabe an den relevanten Debatten vertrittt (ohne Bezug auf die konkrete Problematik) auch Wolfgang Kleinwächter in dem lesenswerten Beitrag "Websperren: Internetpolitik von Gestern". Der Artikel verdient uneingeschränkte Zustimmung mit der Ausnahme, dass Websperren eine Internetpolitik von Vorgestern sind.]

Freitag, 14. August 2009

Netzpolitische Ignoranten

Klarmachen zum Sinken

Ein gewisser Thomas Oppermann hat sich bei SPON unter anderem auch über die Piraten und deren netzpolitische Themen geäußert. Wer Thomas Oppermann nicht kennt, muss sich nicht genieren. Er gehört zu jenem "Kompetenzteam" des Stadt-Archivars von Bielefeld, welches den Eindruck erwecken soll, die SPD habe wenn schon keine Themen, so doch wenigstens Personen, mit denen eine neue Legislaturperiode in der Bundesregierung zu bestreiten wäre.

Thematisch schliesst Herr Oppermann nahtlos an die #zensursula der SPD an:

SPIEGEL ONLINE: Ein Produkt der Innenpolitik der Bundesregierung ist die Piratenpartei. Wie will die SPD die Generation Internet zurückgewinnen?

Oppermann: Die Piratenpartei wird eine vorübergehende Erscheinung sein.

Warum ausgerechnet von der SPD solche Selbstgewissheit zur Schau getragen wird, versetzt in Erstaunen. Wenn die SPD einen derartigen Überblick über die politische Landschaft und eine derartige Weitsicht hat - nun: dann sollte sie dringend von diesem Wissen und diesen Fähigkeiten Gebrauch machen. Die bisherigen Wahlprognosen lassen dies angeraten erscheinen...

Abgesehen davon: Das für die SPD maximal noch erreichbare Wahlziel ist Fortsetzung der großen Koalition. Es spricht alles dafür, dass dann auch die Sicherheits-, Überwachungs- und Zensurpolitik fortgesetzt wird. Mit einer großen Koalition aus netzpolitischen Ignoranten verstärkt sich eher das Wählerpotential der Piraten.

Oppermann: Das Internet gehört allen und wir werden es nicht zulassen, dass es sich eine kleine Minderheit aneignet und selbst die Regeln bestimmen möchte. Ich finde die Piratenpartei intolerant
Momentan will eine kleine Minderheit von Bundestagsabgeordneten, die keinerlei Bezug zum Internet haben, die Regeln des Netzes bestimmen. Die Selbstdelegitimierung der Politik bei Netzfragen ist erschreckend weit fortgeschritten. Solche Interviews stellen da keinen Fortschritt dar.

Oppermann: Sie plädieren für die Freiheit des Internets, aber immer dann, wenn jemand Regeln fordert, reagieren sie unduldsam und empfindlich.
Für den Schattenkompetenz-Innenminister der SPD stellen sich also wiederum die Piratenpartei bzw. ihre Wähler oder Unterstützer als Web-Anarchisten dar.

Oppermann: Ein anderes Beispiel: Downloads von Musik und Literatur. Die Piraten tun immer so, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, sich im Internet das anzueignen, was andere erarbeitet haben - ohne entsprechendes Entgelt zu leisten. Das ist kriminell und unsozial. Da muss man mit der Internetcommunity offensiv diskutieren.
Die Kriminalisierung von Filesharing und Downloads ist völlig unangebracht; gleichfalls die damit einhergehende Kriminalisierung der Piratenpartei und ihrer Wähler oder Unterstützer. In diesem Punkte haben die Piraten teilweise sogar den Bundesverband der Verbraucherzentralen auf ihrer Seite. Außerdem scheint hier ein Missverständnis vorzuliegen. Gegen Entgelte für Künstler und Kreative hat wohl auch die Piratenpartei keine Einwendungen. Streitig ist die Frage eines angemessenen und funktionierenden Vergütungsmodells.

Fazit: Oppermann liefert eine weitere Stellungnahme eines netzpolitischen Ignoraten in der offiziellen Politik ab. Die SPD unterscheidet sich hier wenig von der CDU. Für diese Bundestagswahl gilt als Leitmotiv der SPD: "Klarmachen zum Sinken".

Zensursula entdeckt Social Media

Schalmeienklänge

Es mag den einen oder anderen gewundert haben, wieso Frau von der Leyen ein wenig Abstand von Ihrer Brachialrethorik gewonnen hat und nicht mehr jeden Zensurgegner als Unterstützer von Pädophilen beleidigt. Es war auch schon verwunderlich, dass Frau von der Leyen plötzlich bei der Regulierung von sozialen Netzwerke nur noch von "Benimmregeln" sprach - auch wenn dies nur mühsam die eigentlichen Absichten verdecken konnte.

Der Gipfel der Verwunderung war jedoch erreicht, als plötzlich die Familienministerin bei abgeordnetenwatch auf Fragen antwortete. Naiv, wer annähme, Zensursula entdecke jetzt die Vorzüge des Web 2.0.

Die Spatzen pfiffen es bereits von den Berliner Dächern und jetzt ist das Geheimnis wohl gelüftet: Ursula von der Leyen hat scheinbar tatsächlich eine PR-Agentur damit beauftragt, ihr lädiertes Image aufzupolieren.

Damit sei sich jeder darüber im Klaren: was Frau von der Leyen jetzt noch im und über das Internet sagt, dürften wohl von einem angemieteten Orchester produzierte Schalmeienklänge sein, die die authentischen Misstöne und das geifernde Gekreische von gestern übertönen und vergessen machen sollen.

Die Werbeagentur von Frau von der Leyen betreut übrigens auch Vodafone bei deren Erfolgen im Web 2.0.

Mittwoch, 12. August 2009

Die Entdeckung der Langweiligkeit

Wahlkrampf

Zugegeben, es ist Urlaubszeit und damit Sommerloch. Das plötzliche Auftauchen von Provinzpolitikern, wie zum Beispiel Matthias Güldner, ist damit zu erwarten. Die großen Themen müssen warten. Warten - aber worauf denn. Immerhin ist bereits in ca. 6 Wochen Bundestagswahl. Von einem Wahlkampf, einer Auseinandersetzung um die großen Themen ist nichts zu bemerken.

Nun ist Wahlkampf für die sogenannten "Volksparteien" bereits deshalb mit Sicherheit nicht einfach, weil CDU und SPD nun einmal an der Regierung sind. Als solche müssten sie den Wahlkampf (auch) mit Erfolgen der Regierung führen. Solche Erfolge, die die Wähler auch zu einer Wahlentscheidung motivieren könnten. Und dann auch noch tatsächlich speziell von einer Partei als deren Erfolg reklamiert werden könnten.

Mangels entsprechender Themen, bleibt als Alternative nur die Personalisierung im Sinne eines "Er oder ich" oder passender: "Sie oder ich". Die CDU hat mit Angela Merkel, die bisher kaum ein Thema in der Koalition vertreten hat und deshalb auch inhaltlich mit nichts Wesentlichem, aber auch nichts Falschem identifiziert wird, den Vorteil für sich. Frank-Walter Steinmeier hat sogar im Vergleich gegen Angela Merkel das Sex-Appeal eines Stadt-Archivars von Bielefeld. Sollte der Kandidat der SPD Leidenschaften, auch politischer Natur, haben, so sind sie dem interessierten Publikum bisher entgangen.

Die CDU macht in der Situation erstmal das aus ihrer Sicht Vernünftige: sie führt überhaupt keinen Wahlkampf. Angela Merkel soll offenbar in Ruhe den Wahlsieg ohne jedes Thema einfahren. Die SPD dagegen würde gerne Wahlkampf führen, wenn sie nur wüßte, mit welchen Themen und mit welchen Zielen.

So ist bisher der Wahlkampf ein Wahlkrampf: Die Entdeckung der Langweiligkeit.

Was die kleineren Parteien betrifft sind die Profile einigermaßen klar. Aus netzpolitischer Sicht scheint wenig Vertrauen angebracht. Wenn in der Regierung, dann war auf FDP und Grüne in bürgerrechtlicher (netzpolitischer) Sicht wenig Verlass. Die Kinderschutz-Laien der Grünen haben da jetzt für die Grünen ein übriges getan. Und der womöglich neue Außenminister einer schwarz-gelben Koalition hat sich da auch schon vorab festgelegt: mehr Sicherheitsgesetze - mit der FDP gerne.

Müssen wir netzpolitisch betrachtet auf eine Sonthofen-Strategie setzen - nach dem Motto: es muss erst alles noch schlimmer werden, bevor es besser werden kann?

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