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Donnerstag, 9. Juli 2009

SPD macht im Internet-Wahlkampf alles richtig

und Vodafone im Marketing auch?

Gerade bin ich über den Beitrag gestolpert; "Vodafones Social Media Engagement: Vodafone hat alles richtig gemacht". Moment mal, habe ich das richtig gelesen? "Alles richtig gemacht..."Also mal unabhängig davon, dass die Marketingkampagne eigentlich durchgehend ziemlich kritisch bewertet wird, sei folgendes angemerkt.

Vodafone war derjenige Provider, der als erster Ursula von der Leyen unterstützt hat, als diese eine Vereinbarung zu Internetsperren abschließen wollte. Vodafone war da von Beginn an freiwillig dabei.

Und jetzt bei einer Web 2.0 / Social Media Kampagne von Vodafone im Ernst zu schreiben, es sei alles richtig gemacht worden, ist in etwa so zutreffend, wie wenn man mit Bezug auf die SPD schreiben würde, die SPD habe im Internet-Wahlkampf alles richtig gemacht - und dabei übersieht, dass die SPD mit ihrer Zustimmung zum Netzsperrengesetz einen netzpolitischen Totalausfall hingelegt hat.

Dienstag, 7. Juli 2009

Mehr Schaden als Nutzen

Providerverband eco kritisiert Zugangserschwerungsgesetz

In der aktuellen Ausgabe der Internet World Business (nur Print) kritisiert Oliver Süme, vom eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. das Zugangserschwerungsgesetz.

Süme moniert unter anderem, dass der Grundsatz "Löschen statt Sperren" nur unzureichend umgesetzt sei. Das BKA habe dabei "einen weiten Ermessensspielraum".

Mit seiner Stellungnahme weist eco indirekt darauf hin, dass im verabschiedeten Gesetz keine Verpflichtung des BKA zur Löschung von Seiten mit kinderpornographischen Inhalten vorgeschrieben ist. Das Gesetz schreibt also allenfalls vor, wann nicht gesperrt werden darf (aber nicht, dass gelöscht werden muss). Und auch dies steht noch im Ermessen des BKA.

Der Parteivorstand der SPD hatte dagegen noch vor der Verabschiedung des Gesetzes gefordert: "Das BKA muss bei Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verpflichtet werden, zunächst die Dienstanbieter zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden. Erst wenn das erfolglos bleibt (...) soll die Seite auf eine Sperrliste gesetzt werden dürfen. Es muss im Grundsatz immer Löschen vor Sperren durchgesetzt werden."

Zudem verweist der Verband der Internetwirtschaft darauf, dass eine Kontrolle des Prinzips Löschen vor Sperren nicht gewährleistet ist. In der Tat beinhaltet das Gesetz dazu keine Regelung. Der einschlägige Passus lautet: "Das Gremium prüft mindestens quartalsweise (...), ob die Einträge die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 erfüllen [also Kinderpronografie beinhalten]." Das Gremium prüft also die Einhaltung des Prinzips Löschen vor Sperren gerade nicht und ist dazu auch offenbar nicht befugt.

Der Parteivorstand der SPD hatte dagegen noch vor der Verabschiedung des Gesetzes gefordert: "Es soll ein unabhängiges Gremium (...) eingerichtet werden, das (...) die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ["Löschen vor Sperren"] jederzeit kontrollieren und korrigieren kann." Auch in diesem Punkt hat sich die SPD also nicht durchgesetzt.

Fazit von Oliver Süme vom eco gegenüber Internetworld Business:

"Übrig geblieben ist ein Wahlkampfmanöver, das allenfalls als Signal dafür taugt, überhaupt irgendetwas im Zusammenhang mit Kinderpornografie zu tun."

Dem wird man wohl nicht widersprechen können. Und weiter:

"In der Webcommunity ist das Vertrauen in eine sachgerechte Internetpolitik der Bundesregierung und des Gesetzgebers (...) beschädigt."

Montag, 6. Juli 2009

Nacktscanner mit Uplink in die USA

Austausch von Polizeidaten mit den USA

Am Freitag, den 03.07.2009, wurde im Bundestag der Vertrag über den polizeilichen Datenaustausch zwischen Deutschlandund der USA durch den Bundestag gewunken - möglicherweise haben die Abgeordneten wieder geschlafen oder die SPD mag sich auch gedacht haben, es sei besser, ein Gesetz zu machen, da der Datenaustausch ohnehin stattfinden werde. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht das Abkommen kritisch. Heise berichtete über wesentliche Kritikpunkte.

Spannend finde ich die Stellungnahme des Bundesrats (am Ende des Dokuments) und die Erwiderung der Bundesregierung darauf.

Hier mal einige Highlights aus meiner Sicht:

Bundesrat: Die datenschutzrechtlichen Anforderungen sind vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Datenschutzstandards der Vertragsparteien zu bewerten. Für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union gelten die allgemeinen Grundsätze des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008. Eine vergleichbare Grundlage fehlt im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika.
Bundesregierung: "(...) Die Bundesregierung [teilt] die Sorge des Bundesrates nicht, dass datenschutzrechtliche Standards durch das Abkommen nicht eingehalten werden."

Bundesrat: "Das Abkommen [legt] keine verbindlichen Löschungs- bzw. Prüffristen fest."
Bundesregierung: "Die Festlegung von strikten Löschungsfristen bildet auch im innerstaatlichen Recht die Ausnahme."

Bundesrat: "Schließlich fehlt eine verbindliche Definition der schwerwiegenden Kriminalität sowie der terroristischen Straftaten als Grundvoraussetzung für den Datenaustausch auf der Grundlage des Abkommens."
Bundesregierung: "In Anbetracht der unterschiedlichen Rechtsordnungen war eine gemeinsame Definition weder zu schwerwiegender Kriminalität noch zu terroristischen Straftaten möglich."

Interessant ist auch folgende Bemerkung der Bundesregierung:

"Die Relevanz der Gewerkschaftszugehörigkeit einer Person für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden."

Oder:

"Daten, die die Gesundheit oder das Sexualleben betreffen, dürften ebenfalls nur äußerst selten von Relevanz sein. Es kann jedoch auch insoweit nicht von vornherein völlig ausgeschlossen werden, dass etwa relevante Informationen zum Umfeld eines Terrorverdächtigen auch Rückschlüsse auf das Sexualleben oder etwaige Erkrankungen des Betreffenden zulassen."

Wenn man die bereits vorhandenen Daten einschließlich der Daten aus der Vorratsdatenspeicherung nimmt, bekommen wir jetzt quasi zu dem Nacktscanner einen direkten Uplink in die USA.


[1] Abkommen vom 1. Oktober 2008
zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika
über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung
und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität


[2] Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 1. Oktober 2008 – Drucksache 16/13123 –Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates

Sonntag, 5. Juli 2009

Rechtsfreier Raum der Woche

Erster Preisträger

Impactsuspect vergibt den Preis "Rechtsfreier Raum der Woche" an Menschen und Organisationen, die sich um die Erhaltung der Phrase “Das Internet ist kein rechtsfreier Raum” verdient gemacht haben, oder diese kritisch beleuchten. Schön zu wissen:

Die Verleihung des ersten Rechtsfreien Raumes der Woche ging zu gleichen Teilen an:

an dieses Blog, wegen der Sammlung an Variationen dieser Palttitüde, sowie an

mcdugan.wordpress.com
www.fischmarkt.de.

Wir danken für die Auszeichnung und hoffen, dass sich auch die anderen Preisträger geehrt fühlen können.

Der zweite Rechtsfreie Raum der Woche ging übrigens an Thea Dückert von den GRÜNEN. Sie wird sich schwerlich geschmeichelt fühlen dürfen.

Zensur des Begriffs

Begriff der Zensur

In der Diskussion um Internetsperren geht es auch und immer wieder um den Begriff der "Zensur". So zum Beispiel Frau von der Leyen im Interview mit der Zeit:

"Aber dass Bilder von vergewaltigten Kindern nicht frei zugänglich sind, das ist keine Zensur."

Und auch Wiefelspütz findet die Verwendung des Begriffes Zensur für die Sperrung von kinderpornographischen Webseiten irgendwie Gaga, Gogo bzw. Tralafitti oder so:

Zu behaupten, es handele sich beim Sperren strafbarer Inhalte um Zensur, sei „unterirdisch dumm“, sagte Wiefelspütz.

Und auch Frau Dr. Krogmann äußert sich entsprechend:

"Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Seite als die Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. UND EBEN NATÜRLICH NICHT ALS ZENSUR!!!!"

Was steckt hinter dieser Auseinandersetzung um den Begriff der Zensur.

1. Die Befürworter von Netzsperren erkennen natürlich die negative Bewertung eines Zensurvorwurfs und möchten den Begriff der Zensur deshalb selbst inhaltlich einschränken. Zensur soll wohl nur die politisch (willkürliche) Einschränkung von unerwünschten Meinungen sein (siehe Definition der Bundeszentrale für Politische Bildung).

Diese einschränkende Definition von Zensur ist unzureichend, weil sie einerseits Tatsachen nicht berücksichtigt. Und sie hilft auch dort nicht weiter, wo eben nicht politisch willkürlich zensiert wird, sondern auf Grund von Straftatbeständen. Wie würden wir denn eine Sperrung von volksverhetzenden, rechtsextremen Internetseiten nennen - etwa keine Zensur, da strafbar?

2. Im Übrigen versuchen die Sperrbefürworter indem sie den Zensurvorwurf ablehnen und schlicht auf die Strafbarkeit von kinderpornographischen Inhalten verweisen, die Begründungs- und Rechtfertigungslasten zu verschieben. Versteht man "Zensur" als staatliche Kontrolle der Verbreitung von Inhalten, würde sich die Frage nach deren Rechtfertigung zwangsläufig stellen. Wer argumentiert, es handele sich nicht um Zensur, da es um strafbare Inhalte gehe, versucht die Argumentations- und Begründungslast den Gegnern in die Schuhe zu schieben. In etwa so, wie wenn man behaupten würde, eine Haftstrafe sei keine Freiheitsbeschränkung, weil sich der Täter strafbar gemacht habe. Es stellt sich dann gar nicht erst die Frage, ob eine Maßnahme geignet, erforderlich und angemessen ist.

3. Allerdings steckt in der Diskussion um den Begriff der Zensur ein Sachkern, über den man sich bewußt sein sollte. Art. 5 Abs. 1 GG, also das einschränkungslose Zensurverbot, gilt nur für die sogenannte "Vorzensur". Gemeint ist damit nur die vorherige Überprüfung und Genehmigung von Veröffentlichungen durch eine "Zensurbehörde". Das verbietet das Grundgesetz ausnahmslos. Die "Nachzensur" also das repressive Vorgehen gegen bereits veröffentlichte Inhalte ist (in den Schranken des Grundgesetzes) möglich.

4. Warum argumentieren nun die Sperrbefürworter nicht mit der Differenzierung von Vor- und Nachzensur. Nun hier kann man nur spekulieren. Wahrscheinlich ist in der emotionalen Debatte, die medial von Frau von der Leyen betrieben wird, kein Platz für differenzierte Argumentation. Außerdem würde eine Differenzierung nach Vor- und Nachzensur nicht wirklich helfen. Der fehlende Mechanismus einer Kontrolle der Webseiten nachdem sie erstmal auf die Sperrliste gelangt sind (was passiert bei Wechsel des Domaininhabers und der Inhalte) und die Problematik des sogenannten Over-Blockings wirken sich eben faktisch auch als Vorzensur aus.

5. Wie also sollte unsere Argumentation sein:

- Zensur ist schlicht das Verfahren einer staatlichen Kontrolle der Verbreitung von Inhalten - unabhängig davon, welche Inhalte konkret betroffen sind!

- Die Netzsperren sind als Zensurmaßnahme ungeignet, letztlich nicht erforderlich und auch unangemessen.

Und falls wir gefragt werden, ob man "Löschen statt Sperren" nicht auch als Zensur verstehen kann, wäre meine Antwort: Ja, aber eben eine Zensurmaßnahme die

- geignet und erforderlich ist, weil die Inhalte tatsächlich vom Netz verschwinden und

- angemessen ist, weil nur der Täter, also der Verbreiter kinderpornographische Inhalte, von dieser Maßnahme betroffen ist, aber eben nicht zu Lasten aller Internetnutzer eine Zensurinfrastruktur installiert und der gesamte Internetverkehr "gefiltert" wird (Telekommunikationsgeheimnis, Art. 10 GG).

Samstag, 4. Juli 2009

Netz und Wahlkampf

Wird es einen parteiunabhängigen, netzpolitisch motivierten Wahlkampf geben?

Die Debatte um Internetsperren und Zensur geht weiter - auch in den klassischen Medien. Weitere netzpolitische Themen sind genug vorhanden: Vorratsdatenspeicherung, Urheberrechte, Datenschutz etc. Es gibt Gründe genug, sich im Wahlkampf (der übrigens bereits begonnen hat) zu engagieren.

Wer parteipolitisch nicht gebunden, aber netzpolitisch interessiert ist, würde sich einen parteiunabhängigen Wahlkampfbeitrag aus dem Netz wünschen.

Gibt es ein gemeinsames Ziel? Nun: CDU und SPD sind aus netzpolitischer Sicht nicht wählbar. Die CDU/CSU ohnehin nicht. Und für die "digitale Generation" hat die SPD sich selbst unwählbar gemacht. Zusätzlich gibt es in den Wahlkreisen auch gute Gründe, sich für bzw. gegen einzelne Kandidaten zu engagieren. Wer würde nicht verhindern wollen, dass Frau von der Leyen Abgeordnete wird? Aus netzpolitischer Sicht mag man sich auch kaum für jene Kinderschutz-Laien bei den GRÜNEN engagieren, die glauben Internetsperren seien ein probates Mittel im Kampf gegen Kinderpornographie im Internet.

Sind netzpolitische Themen geeignet, um damit auch eine Kampagne im Wahlkampf zu führen und Unterstützer zu mobilisieren? Das sollte eigentlich nach den heftigen Auseinandersetzungen um Internetsperren niemand bezweifeln.

Es gibt nun zweifelsfrei bereits wahlbezogene Aktivitäten aus dem Netz, mit denen direkt oder indirekt in den Wahlkampf eingegriffen wird. Es würde keinen Sinn machen dies ausgerechnet hier zu bestreiten. Was es aber nicht gibt ist: eine gemeinsame Plattform möglichst vieler Netzaktiver über die konkrete Wahlkampfaktivitäten initiert und kordiniert werden können.

Schwer kann dies eigentlich nicht sein: Wer sich engagieren will, registriert sich, teilt seinen Wohnort/Wahlkreis mit, und gibt an, für welche Partei(en) er sich konkret engagieren möchte. Dann entscheidet man sich für Aktivitäten, an denen man sich beteiligen kann (Canvassing, Telefonaktivitäten, RL-Treffen oder simple Online-Werbung oder Mailings). Das ganze verküpft mit vorhandenen Tools (z.B. Meet up) und ergänzt um entsprechende Mailinglisten und ein Forum. Voilá!

Mehr als 134.000 Unterstützer haben die Petition von Franziska Heine unterzeichnet. Mehr als 225.000 Wähler haben die Piraten bei der Europawahl unterstützt. Und es dürfte noch eine Menge mehr Menschen geben, die sich für ihre Bürgerrechte und deren Wahrung im Netz engagieren würden. Müssen wir alle im Wahlkampf inaktiv bleiben oder uns parteipolitisch engagieren?

Wo bleibt die Initiative der A-Blogger und diversen Arbeitskreise für eine parteiunabhängige, netzpolitisch motivierte gemeinsame Wahlkampfplattform? Die Bundestagswahl ist am 27.09. diesen Jahres.

Donnerstag, 2. Juli 2009

Profit Enteignung und Zensur

Das "geistige Eigentum" der Verleger, die Enteignung der Leistung von Journalisten und was das mit #zensursula zu tun hat

Das Urheberrecht hat sich von unterschiedlichen Ausgangspunkten entwickelt. In England entstand das Urheberrecht buchstäblich als "Copyright". Die Krone verlieh der Gilde der Drucker/Verleger das Privileg zum Buchdruck. Die Drucker registrierten ein Werk und erwarben dann das Recht diesen Titel exklusiv zu kopieren. Das Copyright entsteht hier als als Druckrecht der Verleger und nicht als eigentumsähnliches Recht der Urheber (Autoren). Mit der Stationers' Charter übertrug die Krone dann das Recht zur exklusiven Kontrolle aller in England verbreiteten Druckerzeugnisse. Das privatwirtschaftliche Interesse der Drucker/Verleger hat sich hier mit dem Interesse der Krone an einer effektiven Kontrolle der Inhalte, die gedruckt und verbreitet wurden, verbunden (vgl. Volker Grassmuck).

Demgegenüber geht das kontinentaleuropäische Rechtsverständnis letztlich vom schöpferischen Akt des Urhebers aus, dessen Persönlichkeitsrecht die Begründung dafür darstellt, weshalb der Urheber über die Art und Weise der Verbreitung eines Werkes verfügen dürfe.

Unterschiede bestehen auch beim Rechtsübergang. Im angloamerikanischen Rechtskreis werden typischerweise alle Rechte des Urhebers an den Verwerter übertragen. Im kontinentaleuropäischen Rechtsverständnis verbleiben gewisse Urheberpersönlichkeitsrechte unübertragbar beim Autoren.

Der Begriff des "Geistigen Eigentums" ist mit Blick auf das Urheberrecht tendenziell irreführend. "Eigentum" ist dadurch gekennzeichnet, dass Dritte von jeder Nutzung ausgeschlossen werden können, § 903 BGB. Wer in diesem Sinne für geistige Schöpfungen das Recht in Anspruch nehmen möchte, andere von jeder Einwirkung auszuschließen, hat eine simple Lösung: er braucht schlicht nur nichts zu veröffentlichen. Für den nutzenmaximierend denkenden Eigentümer wäre es irrational, sein "Eigentum" mit der Gesellschaft zu teilen. Bei geistigen Schöpfungen ist es für Künstler und Kreative (und Journalisten) ein Wert, wenn das Werk in der Gesellschaft möglichst weit geteilt, vervielfältigt und rezipiert wird. Anders also als beim "Eigentum" geht es beim Urheberrecht von vorneherein um die Verbreitung und Vervielfältigung eines Werkes in der Gesellschaft und nicht um den Ausschluss von Dritten. Das primäre Problem ist dann "nur", wie der Urheber (und von ihm abgeleitet der Verwerter) von dieser erwünschten gesellschaftlichen Nutzung eines Werkes profitieren können.

Die Verwertungsindustrie knüpft mit ihren aktuellen Vorschlägen zu Internetsperren und der digitalen Todesstrafe (so zum Beispiel von Gorny, Naumann, dem Börsenverein des Buchhandels und anderen) an die alte Koalition von privatwirtschaftlichem Profitinteresse der Verwertungsindustrie mit dem staatlichen Interesse an einer Kontrolle der verbreiteten Inhalte an. Der Staat hilft der Verwertungsindustrie bei der Absicherung ihres herkömmlichen Geschäftsmodells und erhält im Gegenzug eine politisch erwünschte Abschottung vor unerwünschter Verbreitung und Nutzung von Inhalten. Einige Provider, wie zum Beispiel Vodafone/Arcor, oder Google als Suchmaschinenbetreiber lassen sich hier offenbar in diese Koalition einspannen.

Das von den Verlegern gewünschte Leistungsschutzrecht soll vorgeblich ebenfalls deren Geschäftsmodell absichern. So schreibt Hubert Burda in der FAZ:

"Noch genießen die Verlage für ihre journalistischen Online-Angebote keinen ausreichenden Schutz. Suchmaschinen, aber auch Provider und andere Anbieter profitieren überproportional von unseren teuer erstellten Inhalten. (...) Vor diesem Hintergrund entstand die aktuelle Diskussion um ein Leistungsschutzrecht, das, im Unterschied zum Urheberrecht der Autoren, die Rechte jener schützt, die die Werke der Autoren vermitteln."

Was die Verleger hier vorschlagen richtet sich jedoch nicht gegen Google & Co. Tatsächlich betreiben die Verleger eine Entkopplung ihrer Verwertungsrechte von einer vertraglichen Rechtseinräumung durch den Urheber, also den Autoren. Die Verwerter wollen ein originäres eigenes Leistungsschutzrecht, ein eigenes "Copyright". Sie wollen nichts anderes als die schlagartige Enteignung der schreibenden Zunft. Je nach Ausgestaltung wären es dann in Zukunft denkbar, für die Zweitverwertung von Print-Artikeln keine Vergütung an den tatsächlichen Urheber mehr zu zahlen. Und die Verleger betreiben damit gleichzeitig auch eine Aushöhlung des Urheberrechts der Journalisten und Redakteure, also die Abwertung der Leistungen eines ganzen Berufsstandes.

Die Verleger untergraben systematisch die Grundlagen, auf denen ihre Geschäftsmodell aufbaut, nämlich den Wert der schöpferischen Leistung ihrer Autoren.

Säßen in den Print-Medien die Qualitätsjournalisten, für die sie sich selbst halten, es müsste ein Aufschrei durch den Blätterwald gehen (sofern dies die redaktionellen Freiheiten zulassen).

Nachdem die Verleger mit ihren Vorschlägen zum eigenen Leistungsschutzrecht die eigenen Grundlagen untergraben, können sie dann auch gleich die Freiheit der Presse selbst begraben. Der Axel-Springer-Verlag hat jetzt eine Abgabe auf PCs gefordert, die offenbar dann auch den Verlegern zu Gute kommen soll (Leistungsschutzrecht!?). Horizonte.net gibt die Aussage von Peter Würtenberger, Chief Marketing Officer bei Axel Springer, wieder:

"Denkbar sei, dass beispielweise beim Kauf eines Computers eine Internet-Abgabe eingepreist sei. Davon könnten dann auch journalistische Angebote profitieren."

Sofern dies zu Gunsten der Verleger tatsächlich eine nennenswerte monetäre Unterstützung wäre, hätten wir damit eine staatliche Pressefinanzierung. Damit steht zumindest ein Mäzenatentum der Politik für Hofberichterstattung zu befürchten. Auch hier müssten eigentlich die viel beschworenen Qualitätsjournalisten aufschreien und sich gegen ihre Degradierung zu staatlich alimentierten Schreib-Domestiken verwahren.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Stoppschild für von der Leyen

Einzug von Zensursula, Krogmann u.a. in den neuen Bundestag verhindern - ein Vorschlag

mspr0 hat deftige Worte gefunden:

"Zwischenzeitlich werden wir die SPD in einem Sturm aus Scheiße schicken. Sie hat sich nämlich selber zum Feind des Internets gekürt. Was sie hier angestellt hat, wird nicht so schnell vergessen werden. Sie wird für eine wachsende Zahl von Menschen das Symbol für Rückschritt und Opportunismus sein. Mit der SPD wird das Netz nicht mehr so schnell verhandeln."

Wer politisch Einfluss nehmen will, hat dazu natürlich konstruktive Möglichkeiten. Und das bedeutet aus netzpolitischer Sicht z.B. sich bei einer der Parteien zu engagieren, die gegen das Zugangserschwerungsgesetz gestimmt haben (FDP, GRÜNE, Die Linke). Man muss dann natürlich darauf hoffen, dass diese Parteien - sofern sie an einer Regierungskoalition beteiligt wären - ihren Standpunkt auch durchhalten. Außerdem wäre hier noch zu überprüfen, inwiefern diese Parteien auch im Übrigen (Datenschutz, Urheberrechte etc.) eine vernünftige Netzpolitik vertreten.

Wer weniger Wert auf konkreten politischen Einfluss legt, aber sich trotzdem netzpolitisch engagieren möchte, kann dies natürlich noch bei den Piraten tun. Unwahrscheinlich zwar, dass diese Partei auch nur die Nähe der 5%-Hürde erreicht, aber ein respektables Wahlergebnis wäre immerhin für alle anderen Parteien ein starkes Signal, welche Themen und damit welches Wählerpotential offenbar nicht ausreichend durch die bisher im Bundestag vertretenen Parteien vertreten wird. BTW: zur Bundestagswahl 2009 können die Piraten ohnehin nur antreten, wenn im Vorfeld dies eine ausreichende Anzahl an Wählern unterstützen. Ansonsten wäre das Piratenschiff gestrandet, bevor es auch nur richtig abgelegt hätte.

All dies sind natürlich (einige) der üblichen Formen der Beteiligung an politischen Prozessen. Sie dürften aber nichts mit dem Sturm von Fäkalien zu tun haben, von dem mspr0 sprach. Und nur in Blogs und Twitter über #cdu- und #spd- schreiben ist auf die Dauer genauso ermüdend wie möglicherweise unbeachtlich für die Politik.

Wie könnte nun unsere Variante der Beeinflussung von Politik aussehen? Ein komplettes How To wurde bereits veröffentlicht. Ein konkreter und umsetzbarer Vorschlag wird hier formuliert:

Wie verhindern wir, dass zum Beispiel Ursula von der Leyen und die CDU-Verhandlungsführerin in Sachen Internetsperren in den nächsten Bundestag einziehen:

Zunächst kurz zum Hintergrund der Überlegung. Wenn eine Partei mehr Wahlkreise mit der Erststimme gewinnt, als ihr verhältnismäßig nach den Zweitstimmen an Mandanten zustünde, entstehen sog. Überhangmandate. In dem Bundesland, in dem die betreffende Partei solche Überhangmandate gewinnt, werden dann über die Landesliste keine Kandidaten in den Bundestag einziehen können. Umgekehrt verhält es sich bei der Partei, die im Verhältnis zu den Zweitstimmen wenige Wahlkreise gewinnen (hier ist v.a. die Position auf der jeweiligen Landesliste maßgeblich). Interessant ist hier auch die Übersicht über die bisherige Entwicklung der Überhangmandate.

Bei jetzigem Sachstand ist davon auszugehen ist, dass die CDU bei der kommenden Bundestagswahl relativ viele Überhangmandate gewinnen könnte. Die SPD bleibt ihrer Linie treu und möchte lieber den verfassungswidrigen Zustand bei Überhangmandaten andauern lassen, als deswegen mit der CDU/CSU Streit zu bekommen. Es ist also bei der kommenden Bundestagswahl wahrscheinlich, dass in einigen Ländern gute Landeslistenplätze der CDU nicht ausreichen, um in den Bundestag einzuziehen.

Wie läßt sich dies destruktiv ausnutzen? Ursula von der Leyen kandidiert auf dem Landeslistenplatz 1 der CDU in Niedersachsen (Dr. Martina Krogmann kandidiert auf Listenplatz 3). Der Wahlkreis von Frau von der Leyen ist Stadt Hannover II. Das Wahlergebnis 2005 für diesen Wahlkreis spricht nicht unbedingt für Siegchancen von Frau von der Leyen, zumal sie - wie zuvor Friedbert Pflüger - gegen die populäre Edelgard Buhlman antreten muss.

Nun: wenn möglichst viele (offline und online) Edelgard Buhlman unterstützen und der SPD-Kandidatin den Gewinn Ihres Wahlkreises ermöglichen, dann muss die CDU in Niedersachsen nur Überhangmandate gewinnen und Frau von der Leyen kann nicht in den Bundestag einziehen. Das wäre politisch eine gute Tat und zudem ein erheblicher Dämpfer für den politischen Ehrgeiz von Frau von der Leyen.

Gleiches gilt natürlich für die Verhandlungsführerin der CDU in Sachen Netzsperren: Die gegen Frau Dr. Martina Krogmann, CDU, zu unterstützende Kandidatin der SPD im Wahlkreis Stade I Rotenburg II wäre Margrit Wetzel. Die SPD-Kandidatin Wetzel hat ihren Wahlkreis (bei anderem Zuschnitt) bereits 3 mal direkt gewonnen, zuletzt auch gegen Dr. Krogmann. Die Chancen stünden also gut.

Vernünftige "Pro Edelgard Buhlman" bzw. "Pro Margrit Wetzel" Kampagnen können also den beiden prominenten Befürwortern der sog. "Netzsperren" Leyen und Krogmann den Einzug in den Bundestag unmöglich machen. Wer es politisch nicht verantworten möchte, eine SPD-Kandidatin direkt zu unterstützen, kann immer noch ein Negative-Campaigning gegen die CDU-Kandidatinnen machen. Um allerdings keinen Profilierungseffekt in den Reihen der CDU hervorzurufen würde sich empfehlen diese Kampagne mit lokalem Bezug zu führen: "Warum hat sich Frau von der Leyen nie um die Straßenlaternen im Stadtteil Hannover-Posemuckel gekümmert."

Schwer bis unmöglich ist es wohl, Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg aus dem Bundestag zu kegeln. Dem SPD-Gegenkandiaten dürfte mit Blick auf das Ergebnis der Wahl 2005 nicht zu helfen sein.

Aussichtsreicher Kandidat für eine 'destruktive' Form der Politikbeeinflussung ist dagegen auch der SPD-Verhandlungsführer in Sachen Netzsperren, Martin Dörmann. Dieser ist nur auf Platz 54 der SPD-Landesliste abgesichert und damit darauf angewiesen, sein Direktmandat zu verteidigen. Eine gezielte Kampagne hier könnte den Wahlkreis kippen, allerdings zu Gunsten der CDU (aber macht das einen Unterschied?).

Mittel der Wahl dürften natürlich alle Arten von Online-Aktivitäten sein (bevorzugt, wenn lokaler Bezug besteht). Was auch möglich ist: unter Ausnutzung einer Telefon-Flat Telefonbücher abtelefonieren. Schön wäre natürlich auch eine unabhängige Kampagnen-Website für den zu unterstützende Kandidaten. Klar ist ja: wer von der Leyen nicht im nächsten Bundestag sitzen sehen will, möchte deshalb nicht auch die SPD als Partei unterstützen.

Natürlich könnte eine solche relativ unstrategische Beeinflussung einzelner Wahlkreisergebnisse keinen nennenswerten Einfluss auf die Netzpolitik einer kommenden Regierungskoalition haben. Andererseits wäre es schon ein starkes Signal an die Politik: der Einfluss des Netzes könnte weiter reichen, als mancher Politiker ahnt und wenn gegen Ende der nächsten Legislaturperiode das Zugangserschwerungsgesetz ausläuft, müsste sich vielleicht mancher Abgeordnete seine Entscheidung neu überlegen.

[Update: Frau von der Leyen könnte natürlich immer noch Ministerin im nächsten Kabinett werden. Um Minister zu werden, muss man nicht Bundestagsabgeordneter sein (das ist die aktuelle Situation für Frau von der Leyen). Falls Ursula von der Leyen den Wahlkreis nicht direkt gewinnen könnte, wäre ihre politische Position allerdings noch weiter geschwächt - mehr als dies für #zensursula bereits jetzt der Fall ist.

Wer die Angaben hier überprüfen möchte, kann gerne vergleichen:
Überhangmandate pro Bundesland in 2005 vs. Bundestagsabgeordnete pro Land in 2005]

Dienstag, 30. Juni 2009

Verdrehte Zahlen und böse Onkels

Nachlese zur Rio-Folgekonferenz am 30.06.2009

Nachdem hier schon gemutmaßt wurde, was uns die Folgekonferenz zum "World Congress Against Sexual Exploitation of Children and Adolescents" bringen wird, folgt heute eine kurze Nachlese.

Nun, über die Zahlenschwäche von Frau von der Leyen und den nicht gerade sicheren Umgang mit Fakten wurde ja bereits vielfach berichtet. In dieser Hinsicht hatte die Konferenz mal wieder einen echten Schenkelklopfer zu bieten, sofern netzpolitik.org im Anschluss an Heise zutreffend berichtet. Frau von der Leyen hat behauptet, so Heise-News, 160 Staaten hätten Gesetze gegen die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet, 95 Staaten dagegen nicht. Netzpolitik.org verwundert nun, dass es laut Auswärtigem Amt nur 203 Staaten gäbe (UNO-Zählung 199 davon 193 von der UN anerkannte Staaten).

Bei günstigster Rechnung müsste Frau von der Leyen also 52 neue Staaten irgendwo auf dem Globus gefunden haben. Das sollte uns im Zweifel nicht verwundern: Zum einen hat Frau von der Leyen damit nach eigenem Bekunden bessere Erkenntnisse als die Bundesregierung und außerdem hat Frau von der Leyen ja auch einen multi-millionen schweren kommerziellen Massenmarkt im frei zugänglichen Teil des Internet gefunden, der sich vor den Augen der tatsächlichen Nutzer des Netzes bisher verborgen hat.

Um der Kuriositäten noch etwas hinzuzufügen - bei Spiegel online wird folgendes berichtet:

"Die Ministerin wies darauf hin, dass Kinderpornografie in 95 Prozent der Länder weltweit noch kein Straftatbestand sei."

Hier fehlen einem alle Worte...

Ansonsten verlief die Konferenz wie erwartet, also im Wesentlichen Leyen-Propaganda souffliert von Europol, BKA und einigen Kinderschützern.

In Sachen "Grooming" bleibt noch anzumerken, dass dieses neu entdeckte 'Problem' sich in Ziffer 7 der Abschlusserklärung wiederfindet. Parallel hat Frau von der Leyen mal wieder rhetorische Duftmarken gesetzt: Der böse Onkel mit den Bonbons lauert nun im Internet. Womit von der Leyen jetzt die Social Networks aufs Korn nimmt.

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